Eine diskurslinguistische Untersuchung der sprachlichen Konzeptualisierung von HIV/AIDS von Daniel Knuchel (daniel.knuchel@ds.uzh.ch) am Deutschen Seminar der Universität Zürich. Die Konsequenzen einer Infektion mit dem HI-Virus haben sich seit dessen Entdeckung grundlegend verändert: von einer Infektion mit tödlichem Ausgang zu einer chronischen Erkrankung. Ab Mitte der 90er Jahre wird auch von einer ‚Normalisierung’ gesprochen, wobei diese Phase des „neuen Aids“ durch erfolgreiche Therapierbarkeit und also Folge davon durch sexuelle Nichtinfektiösität gekennzeichnet ist. Diese Erkenntnis der Nichtinfektiösität ist bisher aber nur am Rande ins kollektive Wissen über HIV/AIDS übergegangen und ganz allgemein scheint HIV/AIDS an Brisanz verloren zu haben. Auch die geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung fokussiert die 80er und 90er Jahre und Untersuchungen zur Phase der Normalisierung sind selten. Diesem Desiderat nimmt sich das hier vorgestellte Projekt an. Es untersucht die sprachlichen Konzeptualisierungen der Infektion über den gesamten Zeitraum (1983-2014) mit einem Schwerpunkt auf der Phase der ‚Normalisierung’ und unter Einbezug neuster medizinischer Erkenntnisse. Theoretisch-methodische Referenzfelder bilden dabei eine deskriptiv-orientierte Diskurslinguistik und eine kulturanalytisch interessierte Korpuspragmatik. Grundlage der qualitativen und quantiativen Analysen bilden einersiets ein diachrones Korpus (I) mit unterschiedliche Pressetexte (Leitmedien und Medien mit dem Zielpublikum MSM) für den gesamten Zeitraum 1983 bis 2014 und andererseits ein synchrones Korpus (II) mit Texten aus unterschiedlichen medialen Umgebungen (Presse, Präventionsmaterial, Internetforen), die sich mit der Nichtinfektiösität auseinandersetzen.